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Allein ums Stromerzeugen geht es lange nicht mehr bei der Bürgerenergie, sondern immer mehr auch um soziale Anliegen, Demokratie und Mitbestimmung, sagt Martin Rühl, Ende März gewählter Vorstandsvorsitzender des Bündnisses Bürgerenergie (BBEn) und Geschäftsführer der Stadtwerke Union Nordhessen. Stadtwerke können dabei für ihn ein verlängerter Arm der Bürger sein.

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Von der klimaretter.info-Redaktion

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BildGerade lässt sich Rühl, wie er im Gespräch erzählt, nach langem Zögern endlich ein Solarstrom-Angebot samt Speicher für sein Haus erstellen. Von 1987 bis 1998 arbeitete Rühl in einem Planungsbüro für innovative Energietechnologien und dann bis 2016 bei den Stadtwerken Wolfhagen in Nordhessen.

klimaretter.info: Herr Rühl, seit gestern kann zehn Tage lang bis zum 18. Juni online über das beste Bürgerenergie­projekt 2017 abgestimmt werden. Insgesamt 17 Projekte haben sich beworben. Wie ist Ihr Eindruck?

Martin Rühl: Spannend finde ich: Es haben sich ganz unterschiedliche Akteure beworben, denen es nicht allein ums Energieerzeugen geht. In viele Bewerbungen sind Komponenten sozialer Anliegen, von Demokratie und Mitbestimmung aufgenommen. Windräder und Photovoltaik sind nicht etwas, was übergestülpt wird, sondern wo selbst gestaltet und entschieden wird – zum Beispiel, dass das Projekt etwas teurer wird, weil man naturschutzfachliche Fragen mitberücksichtigt.

Ein Beispiel, das ich hier erwähnen kann, weil es nicht unter den Bewerbern ist: Die Bürgerenergiegenossenschaft Wolfhagen schüttete einen Teil ihres Gewinns als Naturalie aus, die Mitglieder erhalten vergünstigt LED-Leuchten. Der Strom ist jetzt sauber und da ist es egal, wie viel man verbraucht – diese Haltung gefiel der Genossenschaft nicht. So setzt sie jetzt Anreize, um die persönliche Stromwende fortzusetzen und den eigenen Stromverbrauch zu reduzieren.

Weitere Projekte der Effizienzsteigerung der Genossenschaft in Wolfhagen sind die Förderung zur Anschaffung von Pedelecs oder preiswerte Thermografiechecks fürs Haus. Über solche niedrigschwelligen Angebote kann man bis zu 15 Prozent der Energie sparen.

Das Bündnis Bürgerenergie hatte schon Vorstandschefs aus der Grünstrombranche und von Brancheninitiativen. Nun stehen Sie als Chef eines Stadtwerke-Netzwerks seit Ende März an der Spitze. Was hat es damit auf sich?

Unsere Stadtwerke-Kooperation hat sich den Gedanken des Lokalen und Regionalen und der Bürgerenergie fast in unsere Gene geschrieben. Das ist keineswegs Standard …

… offenbar spielen auch Ihre persönlichen Gene eine Rolle. Bei den Stadtwerken Wolfhagen haben Sie vor Jahren praktisch eine Bürgerenergiegenossenschaft mitgegründet.

Ja, wir lösten damit das Versprechen der Stadtverordneten ein, die eine Beteiligung der Bürger zugesagt hatten, wenn die – in der Region auch umstrittenen – Windkraftanlagen gebaut werden. Die Genossenschaft in Wolfhagen hat inzwischen eine Kapitalisierung von 3,5 bis vier Millionen Euro und 800 Mitglieder.

Im Zuge der Entwicklung fragten wir uns aber mehr und mehr: Warum soll sich die Beteiligung der Bürger auf die Windkraft beschränken, warum sollte sich die Genossenschaft nicht auch an den Stadtwerken beteiligen können? Warum sollte – und dafür werbe ich auch im Bündnis Bürgerenergie – ein Stadtwerk nicht der verlängerte Arm der Bürger sein?

Die vordringlichsten Anliegen eines Stadtwerks drehen sich doch ums Wohlergehen der Bürger. Warum kann man nicht beim Stadtwerk einen Schwerpunkt auf Erneuerbare legen und zugleich die Bürger angemessen beteiligen?

Die Beteiligung der Bürger gilt allgemein als Voraussetzung, um die Akzeptanz für die Erneuerbaren zu erhöhen. Damit das funktioniert, müssen die Bürger aber mehr sein als Geldgeber und einmal im Jahr Teilnehmer an der Gesellschafterversammlung. Echte Beteiligung muss darüber hinausgehen.

Unsere Stadtwerke-Union will genau das tun. Für uns ist Beteiligung mehr, als dass die Bürger sich am Windpark beteiligen und am Ende des Tages ein paar Kröten hinlegen. Die Bürger sind häufig Teil des Problems bei der Energiewende, können aber auch Teil der Lösung sein.

Dazu haben wir einen Kodex verabschiedet, der eben über die Maßstäbe eines reinen Wirtschaftsunternehmens hinausreicht. So schreibt der Kodex vor, dass wir bei fertig entwickelten Windparks bis zu 74,9 Prozent der Anteile für Bürgergemeinschaften und lokale Kommunen öffnen.

Fertig entwickelte Parks deswegen, weil wir glauben, dass das Geld der Bürger nicht dazu da ist, um die Startrisiken abzudecken. Zudem haben wir einen Deckel für die Kosten der Projektentwicklung eingezogen, der bei 180.000 Euro pro Megawatt liegt. Dazu kommt dann noch das Zwiebelschalenprinzip …

… Zwiebelschalenprinzip?

Wenn zum Beispiel ein Windpark gebaut werden soll, schauen wir uns an, welche Gemeinden und Kommunen um den Standort herum liegen, und gehen auf sie und die Bürger zu. Manchmal gründen sich extra erst Genossenschaften um den neuen Standort herum. Die erreichen dann bald den Punkt, dass ihnen die Beteiligung am Windpark nicht mehr reicht, es kommen Solaranlagen hinzu oder Licht-Contracting.

Was ist, wenn der Bürger sagt, ich will in keine Bürgergemeinschaft, sondern vor allem eigenen preiswerten Strom vom Hausdach und möglichst energieautark leben? Passt dieses Leitbild vom Prosumer zur Idee des Bürgers als Partner der Stadtwerke?

Unser Stadtwerke-Verbund stellt sich nicht dagegen, wenn sich jemand eine Solaranlage aufs Dach setzt, einen Stromspeicher dazustellt und eine Selbstversorgung von 60 bis 70 Prozent erreicht. Wenn man eigenen Strom vom Hausdach für zehn bis zwölf Cent bekommen kann und für die Speicherung vielleicht noch ein oder zwei Cent an Kosten drauflegen muss, dann ist das attraktiv.

Ob der Prosumer, der ja in der neuen Energiemarktrichtlinie der EU als wichtiger Akteur beschrieben wird, die wenigen Kilowattstunden Überschuss dann noch mit Nachbarn tauscht, das ist für mich eine Frage des Machbaren.

Stadtwerke können hier aber eine komplett neue Rolle einnehmen. Dazu müssen sie ihre Hausaufgaben machen und solchen Selbstversorgern etwas Attraktives anbieten. Die Top-down-Geschichte – der Strom kommt aus dem Kraftwerk, er wird verteilt und kommt dann irgendwann aus der Steckdose –, die hat sich jedenfalls überlebt.

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Alle gesellschaftlichen Gruppen für die dezentrale Energiewende begeistern: Stadtwerke können dafür der Schlüssel sein. (Foto: Stadtwerke Bochum)

Viele Bürger, die das machen, schauen aber weniger auf den Preis. Ihr Motiv ist zugleich, als Selbstversorger den etablierten Stromkonzernen eins auszuwischen.

Auch bei unserer Studie „Bürgerenergie heute und morgen“ kam heraus, dass die Attraktivität des eigenen Stroms über den Preis hinausgeht. Die Energie vom Hausdach ist ökologisch sauber und mit dem Speicher ergibt das ein Gefühl von Autarkie und Sicherheit.

Darin kann sich aber eine Bürgerenergie, die die Energiewende insgesamt voranbringen will, nicht erschöpfen. Da haben wir schon noch einige harte Nüsse zu knacken, weil zum Beispiel der Solarstrom überall zeitgleich entsteht. In Diskussionen mit Verbänden aus der Solarbranche bekomme ich immer zu hören: Wenn jeder die Solaranlage auf dem Dach und den Speicher im Keller hat, dann ist die Energiewende gewuppt …

… der berühmte solare Rollout.

Ich sehe die Energiewende eher als eine Mischung aus sehr vielem. Wir müssen schon aufpassen, dass die Energiewende nicht dadurch erschwert wird, dass durch falsche Anreize immer mehr Erneuerbare dort entstehen, wo sie dann häufig abgeregelt werden.

Der Windstrom unseres Stadtwerke-Verbundes kommt derzeit praktisch über die 110-Kilovolt-Netzebene nicht hinaus, wird also regional erzeugt und auch verbraucht. Wir reden nicht nur von einer verbrauchsnahen Erzeugung, sondern praktizieren sie auch – und sind damit auch konkurrenzfähig.


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Trotz veränderter Rahmenbedinungen erwartet Kathrin Goldammer vom Reiner-Lemoine-Institut in Berlin noch viele wichtige Impulse von Bürgerenergie-Projekten. Gerade Bereiche wie Mobilität oder Wärmeversorgung könnten von gemeinschaftlichen Projekten gestaltet werden.

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Von der klimaretter.info-Redaktion

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BildKathrin Goldammer studierte Elektrotechnik und promovierte nach Forschungsaufenthalten in der Schweiz, den USA und Japan in Physik. Bevor sie 2012 in die Forschung wechselte, war sie in der Energiewirtschaft tätig.

klimaretter.info: Frau Goldammer, seit der Jahrtausendwende hat die Bürgerenergie eine rasante Entwicklung erlebt. Doch die Hochphase scheint vorüber. Sehen Sie das auch so?

Kathrin Goldammer: Die Entwicklung war besonders nach 2010 sowohl in den Zahlen als auch in der öffentlichen Wahrnehmung sehr deutlich. Ich war damals am Nachhaltigkeitsinstitut IASS in Potsdam und erinnere mich, dass wir 2012 auch angefangen haben, uns mit Bürgerenergie zu beschäftigen. Uns war klar, dass es ein großes Thema für die Energiewende war. Das war neu an der Energiewende, dass die Energieerzeugung plötzlich in die Hand der Bürger kam.

Verglichen mit dieser Zeit, als ich den Eindruck hatte, dass es für Bürger attraktiver wurde und die Hürden gesunken sind, sich an Energieprojekten zu beteiligen, habe ich nicht unbedingt den Eindruck, dass es heutzutage schlechter geworden ist. Ich bin ganz optimistisch, was die Bürgerenergie angeht. Allerdings nicht, weil sich die Rahmenbedingungen besonders verbessert hätten, sondern einfach, weil Bürgerenergie an sich ein gutes Momentum hat – und dieses auch nicht verloren hat.

Die Bürgerenergie ist selbst so stark und hat auch in den letzten Jahren eine positive Außenwirkung gehabt, dass sie ungebrochen eine große Rolle in der Energiewende spielen kann. Ob die Bedingungen in den letzten Jahren aber besser geworden sind, da wäre ich zurückhaltend.

Welche Veränderungen gab es?

In den letzten Jahren wurde deutlich, dass sich die Förderbedingungen für erneuerbare Energien grundlegend ändern werden. Von den Förderregimen mit einer festen Einspeisevergütung bewegen wir uns hin zu einem System mit Auktionen. Das betrifft zwar vornehmlich die großen Anlagen. Aber auch die sind für Bürgerenergieprojekte, die etwas größer sind, durchaus interessant.

Die Voraussetzungen, um in diesem neuen EEG mitzumachen, sind deutlich schwerer zu erfüllen für diejenigen, die kein klassisch wirtschaftliches Tagesgeschäft haben. Das ist schon eine Schwierigkeit für kleine und genossenschaftliche Akteure.

Es gibt zwar im neuen EEG auch Möglichkeiten, Hürden für Bürgerenergieprojekte zu senken, aber es entsteht der Eindruck, dass sie so eine Art Randerscheinung im Energiesystem sind. Und das ist ja nicht das, was die Bürgerenergie sein will. Sie will ja bottom-up, von unten nach oben, die Energiewende mitgestalten. Aber so liest sich das im neuen EEG für mich nicht.

Sehen Sie eine Chance für die Bürgerenergie, dorthin zu kommen, wo sie sich selbst gern sehen würde?

Ich bin optimistisch und davon überzeugt, dass Bottom-up-Projekte oft kreativ sind und es auch bei schwierigen Rahmenbedingungen schaffen, interessante Beteiligungen oder Geschäftsmodelle zu erfinden – vor allem, wenn man sich die Teile des Energiesystems anguckt, wo noch lange nicht so viel passiert ist wie beim Strom. Also Verkehr und Mobilitätslösungen, aber auch die Bereitstellung von Wärme. Da würde ich mich freuen, wenn wir mehr gemeinschaftliche oder genossenschaftliche Lösungen sehen, weil in diesen Sektoren noch so viel passieren muss.

Worin sehen die Stärke der Bürgerenergie? Wo soll sie sich künftig verorten?

Überall da, wo es um Selbstversorgung geht, ist die wirtschaftliche Attraktivität auch jetzt noch relativ hoch. Das ist allerdings nichts, was für alle gleichermaßen zugänglich ist. Für Selbstversorgung braucht man ja Voraussetzungen, zum Beispiel zumindest in den meisten Konstellationen ein eigenes Dach.

Die Idee von Bürgerenergie geht ja darüber hinaus. Ich kann mir vorstellen, dass man sich in Dörfern gemeinschaftlich auf bestimmte Flächen einigt und dann gemeinsam an diesen Anlagen teilhat. Es ist sinnvoll, gemeinsam die besten Flächen auszubauen – und nicht nur diejenigen, wo zufällig das Verhältnis von Hausbesitz und Investitionsmöglichkeiten stimmt.

Dafür bräuchte es noch mehr gemeinschaftliches Engagement. Dann gibt es für den Pessimismus, den manche in der Szene ergriffen hat, aus Ihrer Sicht gar keinen Grund?

Ich kann diejenigen verstehen, die sich bessere Rahmenbedingungen oder mehr Möglichkeiten auch für kleine Player wünschen. Es ist immer eine gute Idee, eine Vielfalt unterschiedlicher Akteure zuzulassen. Trotzdem bin ich optimistisch, dass die Modelle, die wir in den letzten Jahren gesehen haben, oder das Engagement und die Begeisterung von Menschen für die Beteiligung am Energiesystem erhalten bleiben und dass die Bürger neue Lösungen finden.

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Neue Impulse können die Energiebürger bei der Mobiliät setzen. (Foto: News Oresund/​Wikimedia Commons; Porträtfoto Kathrin Goldammer: privat)

In der jüngsten Vergangenheit wird das Konzept des „Prosumers“ – die Doppelrolle von Erzeuger und Verbraucher – stärker diskutiert. Mit gutem Grund?

Eigentlich ist die Prosumer-Idee ganz naheliegend. So wie sich unser Energiesystem im Moment verändert, wird es genau zu solchen Akteuren kommen. Deswegen kann man das aus meiner Sicht gar nicht aufhalten.

Ich kann mir sogar viele Vorteile vorstellen. Wenn ein Haushalt oder ein Gewerbebetrieb aktiver Prosumer ist, dann schaut er, wie er preisorientiert, aber vielleicht auch netzdienlich, seine Verbräuche und seine Erzeugung steuern kann. Genau da kann unser System noch viel intelligenter werden, wenn also Verbräuche und Erzeugungen erstmal auf der Ebene von Gebäuden oder auch Quartieren ausgeglichen werden. Gerade aus einer technischen Perspektive, wie wir sie hier am Reiner-Lemoine-Institut haben, sehen wir einige interessante Perspektiven.

Dann wird die Bürgerenergie auch künftig noch neue Impulse setzen?

Da bin ich sicher. Die zukünftige Energiewelt zeichnet sich nicht nur dadurch aus, dass sie zufällig auf der Erzeugungsseite erneuerbar ist, sondern auch dadurch, dass die Dezentralität in allen Energiesystembereichen viel größer wird. Und dezentral sind vor allen Dingen die Bürgerinnen und Bürger. Deswegen glaube ich, dass Bürgerenergie Hand in Hand mit der Energiewende geht.


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Zu wenig Anreize, fehlende Preisschilder für Schadstoffe und Emissionen – die Bürgerenergie hatte in den letzten vier Jahren mit einigen Benachteiligungen zu kämpfen, sagt die SPD-Bundestagsabgeordnete Nina Scheer. Ob „Prosumer“ oder klassische Genossenschaft: Die Politik muss bei den Projekten wieder Vielfalt und Lernprozesse ermöglichen.

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Von der klimaretter.info-Redaktion

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BildDie promovierte Politikwissenschaftlerin Nina Scheer, seit 2013 im Bundestag, ist Ansprechpartnerin für erneuerbare Energien und Umweltwirtschaft der SPD-Fraktion und seit 2010 Vorstand der Hermann-Scheer-Stiftung. 

klimaretter.info: Frau Scheer, die Bürgerenergie – dezentral, demokratisch und ökologisch – gilt als Herz der Energiewende. Das schlägt inzwischen aber nicht mehr richtig. Was muss politisch passieren, damit sich das wieder ändert?

Nina Scheer: Dazu braucht es vor allem Anreize, damit die Energie vor Ort wirtschaftlich genutzt werden kann, sowohl durch Kommunen und Stadtwerke als auch durch Bürgerinnen und Bürger und ihre Verbünde. Diese Anreize müssen flexible Stromangebote, Speicher und Netze einbeziehen und auch sektorenübergreifend sein, sonst kann die Rechnung nicht aufgehen.

Damit Wirtschaftlichkeit und Markt aber richtig funktionieren können, müssen erst einmal auch sozial-ökologische Voraussetzungen geschaffen werden. Dazu gehören für mich eine angemessene Bepreisung von Schadstoffen oder anderweitige Maßnahmen, die das Emittieren unterbinden.

Dass Erneuerbare die Zukunft darstellen und wir die Bevorzugung fossiler Energien beenden müssen, indem deren Umweltlasten stärker berücksichtigt werden, ist schon ein Allgemeinplatz. Dennoch geht es nicht voran – woran liegt es?

Es gibt massive Bestrebungen, den Ausbau der Erneuerbaren zu bremsen. Seit diese weltweit als unausweichlich und attraktiv erkannt werden, will allerdings keiner mehr offen gegen die Energiewende wettern – stattdessen entsteht ein eigenes sogenanntes Wording.

So wurde vor knapp zehn Jahren die Atomkraft als vermeintliche Brückentechnologie wiederbelebt. Das konnte nur durch Fukushima enttarnt werden. Später wurde eine Kostendebatte zulasten der Erneuerbaren inszeniert, dann die Angst vor fehlenden Stromnetzen geschürt – nun bahnt sich eine neue Debatte unter dem Begriff „Efficiency first“ an.

Geht es beispielsweise um den Einsatz von Wasserstoff für Mobilität, könnte mit „Efficiency first“ argumentiert werden, dieser sei vergleichsweise ineffizient. Das bringt aber eine technologische Verengung mit sich. Eine Bewertung nach „Efficieny first“ kann also genau das Gegenteil dessen bringen, was für die Energiewende gebraucht wird. Wir sollten deswegen von Effektivität sprechen – dann wird es gelingen, aller Faktoren einzubeziehen, auch bei den Akteuren.

Dennoch scheint die Mehrheit der Leute wenig an der Energiewende interessiert.

Wenn die Menschen ständig gesagt bekommen, dass die Veränderungen um sie herum teuer, verkehrt und unnütz sind, werden diese Veränderungen erschwert oder bekämpft. Die laufende Akzeptanz-Debatte ist sicher auch Folge dieser Entwicklung.

Für eine erfolgreiche Abkehr vom fossilen Energiesystem brauchen wir massive Struktur-, Investitions- und Qualifikationsprogramme, die den Menschen und Regionen des Wandels nutzen. Insofern kann auch das von Martin Schulz vorgeschlagene „Arbeitslosengeld Q“ einen wichtigen Anknüpfungspunkt bieten, am besten in Kombination mit einer wirksamen Schadstoffbepreisung.

Das letzte energiepolitische Vorhaben dieser Legislatur ist das Mieterstromgesetz, dass auch der Bürgerenergie auf die Beine helfen kann. Wird das Gesetz in den verbleibenden vier Sitzungswochen noch beschlossen?

Es sieht ganz danach aus, dass dies gelingt. Aber auch die Ausgestaltung wird von Bedeutung sein. Wir werden sehen, was gelingt.

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Den einen Weg für die Zukunft der Bürgerenergie gibt es wohl nicht, meint Nina Scheer und plädiert dafür, dass die Politik wieder Lernen und Vielfalt und damit Innovationen zulässt. (Foto: Geralt/​Pixabay; Porträtfoto Nina Scheer: Joachim Röttgers/​Graffiti/​Büro Nina Scheer)

Wo sehen Sie die Zukunft der Bürgerenergie – eher in klassischen Genossenschaften und Gemeinschaftsprojekten oder eher in individuellen Prosumer-Lösungen, wo Bürger selbst Strom erzeugen, diesen möglicherweise untereinander handeln und verbrauchen?

Ich halte eine möglichst große Dezentralität für den zielführenden Weg. Abhängig vom Energiebedarf und den jeweiligen räumlichen Möglichkeiten zur Energieerzeugung wird es regional unterschiedliche Antworten geben.

Solange wir aber noch keinen fairen Energiemarkt haben, sind Anreiz-Instrumente wie etwa ein Mieterstrommodell wichtig. Prosumer-Lösungen müssen aber auch den Anforderungen der Solidargemeinschaft genügen. Von den künftigen Rahmenbedingungen für Netze und den daran geknüpften Finanzierungs- sowie Instandhaltungslösungen wird letztlich abhängen, welche Lösungen vor Ort realisierbar sind.

Bürgerenergie-Projekte sollen nicht nur Ökostrom liefern, sondern auch Wärme und Mobilität als umweltfreundliche Dienstleistung anbieten. Übernehmen sich da die Projekte nicht?

Ich halte diese Angebote für möglich und sie werden anwachsen. Eine Kombination von Strom und Wärme ist ja schon recht weit verbreitet. Angefangen mit heute abgeregeltem Windstrom kann es schnell gelingen, auch die Mobilität einzubeziehen. Aber man sollte nicht bei abgeregeltem Strom stehenbleiben.

Auch bei der Bürgerenergie wird es – wie in anderen Bereichen – Projekte und Konzepte geben, die gelingen, und solche, die nicht gelingen. Es ist ein von sich selbst lernendes System. Die politische Aufgabe ist es dabei, Lernen und Vielfalt zuzulassen. Denn darin steckt der Schlüssel für Innovation und Entwicklung sowie einer breiten Mitgestaltung. Je größer der Kreis der Akteure ist, desto eher wird dabei auch der Umgang mit Energie in unser gesellschaftliches Bewusstsein vordringen.


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Bürgerenergien haben sich zum wichtigen Treiber der Energiewende entwickelt. Das Bündnis Bürgerenergie will das Engagement fördern und sucht in diesem Zusammenhang das Projekt des Jahres.

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Carl Johannes Muth – www.pv-magazine.de

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Die Verbraucher wurden lange dazu erzogen, sich nicht um ihren Strom zu kümmern, sagt René Mono, Vorstand beim Bündnis Bürgerenergie. Jetzt geht es darum, sie zu aktivieren. Die Technik für die nächste Stufe der dezentralen Energiewende ist da: Neue Smartphone-Anwendungen machen den „Strom von nebenan“ möglich.

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Von der klimaretter.info-Redaktion

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Bildklimaretter.info: Herr Mono, heute beginnt der Wettbewerb um das „Bürgerenergieprojekt 2017“, bei dem man sich online beweben kann. Was erhoffen Sie sich davon?
René Mono:
Wir glauben, dass es sehr zukunftsweisende Bürgerenergieprojekte gibt, die häufig nicht bekannt genug sind. Vor allem Politik und Gesellschaft sehen nicht, welches große gesellschaftliche, aber auch energiewirtschaftliche Potenzial in den Projekten steckt. Manchmal habe ich sogar den Eindruck, unsere eigene Community erkennt die Innovationskraft vieler Projekte nicht vollkommen. Deshalb wollen wir Projekten eine Bühne bieten, von denen eine Signalwirkung für die Zukunft der Bürgerenergie ausgehen kann.

Wer kann sich um den Preis bewerben?

Jede Bürgerenergie-Gesellschaft, die unsere Kriterien erfüllt. Das müssen nicht unbedingt Genossenschaften sein, obwohl das die typischste Rechtsform ist.

Wichtig ist, dass Bürger über die Geschicke der Gesellschaft entscheiden. Das heißt, sie müssen mindestens 50 Prozent der Stimmrechte haben. Und natürlich müssen erneuerbare Energien oder Energieeffizienz eine Rolle spielen.

Wie hat sich die Bürgerenergie in den letzten Jahren entwickelt?

Es werden immer noch neue Projekte ins Leben gerufen. Aber das starke Wachstum, das wir nach der Atomkatastrophe in Fukushima hatten, ist eingebrochen. Die Politik hat eine Anti-Bürgerenergie-Politik betrieben, beispielsweise durch die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes.

Was genauso dramatisch ist: Auch existierende Bürgerenergie-Gesellschaften, die finanziell gut dastehen, investieren nicht. Weil sie nicht sicher sein können, dass die Politik Bürgerenergie in Zukunft noch zulässt.

Ist es momentan überhaupt wirtschaftlich, eine solche Genossenschaft zu gründen?

Häufig rechnen sich die Projekte nur knapp. Dass sie realisiert werden, liegt häufig daran, dass Idealismus eine große Rolle spielt. Es würde aber reichen, nur einen Paragrafen in einem Gesetz zu ändern, und die Wirtschaftlichkeit würde in sich zusammenbrechen. Die Projekte würden dann zu Verlustgeschäften. Ganz viele sind in einem Rendite-Bereich, wo ein normaler, nicht ideell geprägter Investor niemals Geld investieren würde.

Das ist auch der Grund, warum die großen Energiekonzerne so wenig für die Energiewende getan haben – denen waren die Renditen nicht hoch genug.

Wie könnten Bürgerenergie-Projekte in Zukunft wirtschaftlicher werden?

Wir glauben, dass besonders der Direktverbrauch und die Eigenerzeugung von Strom, Wärme und Mobilität in Zukunft ein interessantes Geschäftsmodell sind.

Eigenerzeugung verstehen wir aber in einem weiteren Sinne als der Gesetzgeber heute. Er geht davon aus, dass Anlagenbetreiber und Verbraucher die gleiche Person sein müssen. Es wird aber darum gehen, beispielsweise eine Siedlung gemeinschaftlich zu versorgen.

In Ihrer Studie „Bürgerenergie heute und morgen“ haben Sie ein Idealbild für solche Erzeuger-Verbraucher-Gemeinschaften entworfen. Was macht die so besonders?

Das Besondere ist, dass sie auch direkt untereinander Strom handeln können. Das wird durch digitale Technologien möglich. Über Smartphone-Apps kann in Echtzeit Strom gehandelt werden, ohne dass die Verbraucher etwas tun müssen. Die IT-Anwendungen sind jetzt so billig, dass sie wirtschaftlich genutzt werden können. Sie werden in den nächsten zehn bis 15 Jahren prägend sein. Der Umweg über die Strombörse ist dann nicht mehr nötig.

Was macht es heute noch schwierig, mit Strom zu handeln?

Die Gesetzgebung, vor allem das Energiewirtschaftsgesetz. Es ist für kleinere Akteure nicht ausdrücklich verboten, Strom zu handeln. Aber die Bundesnetzagentur betreibt eine Art Lizenzierung. Das ist ein sehr aufwendiges Prüfverfahren, das viele Kleine abhält. Wir setzen darauf, dass die Politik diese künstlichen Barrieren in Zukunft absenkt.

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Gemeinsam mit Menschen aus der Nachbarschaft seinen eigenen Strom zu erzeugen wird immer attraktiver, sagt René Mono. (Foto: Jörg Farys/​BBEn, Porträtfoto René Mono: BBEn)

Werden die Bürger denn den Aufwand betreiben wollen, sich auch noch um den eigenen Strom zu kümmern?

Das ist auch ein Kulturwandel. Die Verbraucher wurden über Jahrzehnte dahin erzogen, sich nicht um ihren Strom zu kümmern. Den großen Unternehmen war es lange Zeit ganz recht, dass der Verbraucher passiv war. Jetzt geht es darum, ihn zu aktivieren.

Wir sehen, dass die Nachbarschaft eine große Rolle spielt. Die Menschen, die mitbekommen, wie sich ihre Nachbarn engagieren, entwickeln auch Interesse. Wir glauben, dass eine Art Schneeballeffekt einsetzen kann.

Was sind Ihre Forderungen im Wahljahr?

Wir brauchen ein Recht auf „Prosuming“, das heißt, gleichzeitig Erzeuger und Verbraucher sein zu dürfen. Dazu gehört auch, mit Strom handeln zu dürfen. Dieses Recht muss positiv beschrieben werden.

Das ist eine ganz neue Forderung, die wir momentan im Programm keiner Partei finden. Zunächst brauchen wir das politische Bewusstsein dafür, dass es sich hierbei um einen Paradigmenwechsel handelt.


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Im Jahr 2030 werden Erzeuger-Verbraucher-Gemeinschaften ein elementarer Bestandteil des Energiesytems sein. Das sagt das „Bündnis Bürgerenergie“ in einem jetzt veröffentlichten Report. Doch damit es dazu kommt, muss sich noch viel ändern.

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Von der klimaretter.info-Redaktion

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„Das Bollwerk des Zentralismus bröckelt“, sagt René Mono, Vorstand beim Bündnis Bürgerenergie (BBEn). Was er meint: Traditionell werden alle Bürger über ein zentrales Netz mit Strom versorgt. Doch laut einem Report, den das Bündnis am Donnerstag in Berlin vorgestellt hat, wird sich das bald ändern. Im Jahr 2030 wird es demnach ein zentraler Bestandteil des Energiesystems sein, seinen erneuerbaren Strom gemeinsam mit anderen zu erzeugen und zu nutzen.

Autoren und Auftraggeber stellen den Bericht vor (von links): René Mono vom Bündnis Bürgerenergie, Marcel Keiffenheim von Greenpeace Energy und Stephan Franz vom Büro F. (Foto: Christoph Rasch/​Bündnis Bürgerenergie)

Das Bündnis ist sich sicher, dass immer mehr Menschen zu sogenannten Prosumern werden – das heißt, dass sie gleichzeitig Strom produzieren und konsumieren. „Im Wärmebereich und bei der Mobilität ist Prosuming schon normal. Beim Strom wird es jetzt möglich“, sagt Mono. Beispiele für Prosuming im Wärmebereich sind gemeinschaftliche Nahwärmenetze – beim Verkehr könnten es beispielsweise Mitfahrgelegenheiten sein. „Doch das Szenario muss gemeinschaftlich gedacht werden. Die Prosumer schließen sich in Erzeuger-Verbraucher-Gemeinschaften zusammen“, erläutert Mono.

Das Bündnis hat für seinen Bericht „Bürgerenergie heute und morgen“ gemeinsam mit Experten aus Wissenschaft, Energiepolitik und Energiewirtschaft eine Trendanalyse durchgeführt. Anders als bei der Szenarioanalyse, die verschiedene Möglichkeiten vergleicht, konzentrierten sie sich auf einen typischen Fall – hier die Erzeuger-Verbraucher-Gemeinschaften.

Sich selbst an der Energiewende beteiligen

In zwei Workshops und mithilfe einer Onlineumfrage unter Bürgerenergie-Aktivisten wurde herausgearbeitet, wie so eine Gemeinschaft genau aussehen könnte und was heute für Änderungen nötig sind, um sie zu ermöglichen.

Das Ergebnis: Menschen aus einer Nachbarschaft – Kiez, Dorf oder Stadtteil – schließen sich zusammen, um miteinander Strom zu produzieren. Außerdem erzeugen sie auch Wärme und nutzen einen Teil des Stroms für die Mobilität – also beispielsweise, um eine Flotte von Elektroautos damit aufzuladen. Bei Engpässen kaufen sie Strom von anderen Gemeinschaften oder von einem Versorgungsunternehmen.

Ein Faktor, der diese Entwicklung begünstigen wird, ist laut dem Report die Partizipation. Denn in einer solchen Gemeinschaft können Bürger sich selbst an der Energiewende beteiligen. Damit das auch funktioniert, sollte durch den selbst erzeugten Strom Geld gespart werden und die Technologien – etwa zur Verteilung des Stroms – sollten leicht handhabbar sein.

Strom verkaufen ist nicht einfach

Teilweise ist diese Zukunftsvision schon Wirklichkeit. Mehr als 1,5 Millionen Bürgerinnen und Bürger nutzen bereits erneuerbare Energien zur autarken Versorgung, sind Erzeuger und Verbraucher zugleich oder engagieren sich in gemeinschaftlichen Energieprojekten. Deutschlandweit gibt es etwa 900 Energiegenossenschaften.

Doch mit dem Strom auch selbst zu handeln ist heute immer noch kompliziert: „Ihren Strom erzeugen Bürger schon lange selber“, erklärt Marcel Keiffenheim, Leiter für Energiepolitik beim Ökostromanbieter Greenpeace Energy. „Es ist aber äußerst schwierig, über seine eigenen Grundstücksgrenzen hinweg Strom zu liefern.“

Der Grund: Um einem oder mehreren Nachbarn Strom zu verkaufen, muss man laut dem Energiewirtschaftsgesetz ein Energieversorgungs-Unternehmen sein. Die hohen Auflagen, die an solch ein Unternehmen gestellt werden, überprüft die Bundesnetzagentur. „Das Energierecht ist darauf ausgerichtet, dass Menschen Verbraucher sind“, erläutert Keiffenheim.

Bündnis fordert „Recht auf Prosuming“

„Nach dem Gesetz ist es heute theoretisch schon möglich, Strom zu verkaufen. Es geht aber nicht darum, dass ich das darf, sondern dass ich es auch kann“, betont Keiffenheim. Die einzige Möglichkeit, Strom an Privatkunden zu liefern, ohne sich von der Bundesnetzagentur lizenzieren zu lassen, ist laut dem Bericht der Weg über eine sogenannte „Kundenanlage“, die im Energiewirtschaftsgesetz festgeschrieben ist. Diese Regelung biete aber keine Rechtssicherheit. „Das ist nicht zukunftsfähig. Wir brauchen eine klare gesetzliche Behandlung, die Prosuming, also Microgrids für private Prosumer, möglich macht“, sagt Mono.

Das Bündnis Bürgerenergie fordert deshalb, dass Menschen das Recht haben müssen, Strom zu erzeugen, zu speichern und zu liefern. „Unser Wunsch ist, dass die Direktvermarktung in die nahe Umgebung möglich ist. Sei es über ein eigenes Smart Grid oder über das öffentliche Netz“, so Keiffenheim.

Strom von nebenan: Für das Bündnis Bürgerenergie rückt das jetzt in den Mittelpunkt. (Foto: Hans Braxmeier/​Pixabay)

Ein erstes positives Zeichen, dass die Politik das Thema aufnimmt, ist das sogenannte Winterpaket der EU-Kommission. „Im Winterpaket ist das Recht auf Prosuming enthalten. Allerdings muss es noch konkretisiert werden“, sagt Mono. Die Bundesregierung habe sich im EU-Ministerrat allerdings dagegen gesträubt. Dennoch ist Mono optimistisch: „In den nächsten Jahren wird der Direktverbrauch rasant steigen.“

 


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Von der klimaretter.info-Redaktion

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Das Super-Wahljahr 2017 hat schon begonnen, doch mit dem Mieterstrom steht noch eine wichtige Regelung in der politischen Auseinandersetzung, die, sofern sie vor dem Herbst im Bundestag beschlossen wird, bürgernahen Energieprojekten neue Chancen eröffnet. Worin diese bestehen und welche Zukunft die lokale, gemeinschaftliche Energieerzeugung und -versorgung hat, will das bundesweite Bündnis Bürgerenergie (BBEn) nun bis zum Sommer herausfinden.

Schon vor mehr als drei Jahren wurde auf dem Bürgerenergie-Konvent vor Ausschreibungen gewarnt – die Befürchtungen, dass gemeinschaftliche Projekte dabei kaum zum Zuge kommen, haben sich bei den Solar-Ausschreibungen bisher bewahrheitet. (Foto: Jörg Staude)

Was als Protest gegen Atomkraft und als Abkehr von der Macht großer Energiekonzerne begann, ist zu einer breiten Bewegung geworden: Inzwischen haben mehr als 1,5 Millionen Bürgerinnen und Bürger ihre persönliche Energiewende vollzogen – sie nutzen erneuerbare Energien zur autarken Versorgung, sind Erzeuger und Verbraucher zugleich oder engagieren sich in gemeinschaftlichen Energieprojekten. Etwa 900 Energie-Genossenschaften sind bundesweit aktiv, liefern Strom und Wärme und bieten Mobilitätsdienste an. Trotz aller Widerstände ist Bürgerenergie heute ein fester Bestandteil der Energiewende in Deutschland, treibt sie voran und sorgt für ein hohes Ansehen der erneuerbaren Energien. Die Bürgerenergie sieht sich nun aber neuen Herausforderungen gegenüber. Vor allem mit dem EEG 2017 und dem Ausschreibungsmodell sind Ökoenergie-Erzeuger einem härter werdenden Wettbewerb ausgesetzt.

Auf der anderen Seite rückt mehr und mehr das selbstbestimmte Produzieren, Verbrauchen und Handeln in lokalen „Erzeuger-Verbraucher-Gemeinschaften“ in den Vordergrund. Ob Trends wie die Digitalisierung dies befördern können, ist eine der Fragen, über die das Bündnis Bürgerenergie jetzt Klarheit gewinnen will. Nicht zuletzt gehe es auch darum, den Atomausstieg zu vollenden, den Ausstieg aus der Kohle zu beschleunigen und künftig mit Grünstrom aus Ladestationen den Verkehr zu dekarbonisieren.

In dieser Woche will das Bündnis dazu eine bis 2030 reichende Studie vorstellen. Mitte April soll ein Wettbewerb um das „Bürgerenergieprojekt des Jahres 2017“ starten – in Kooperation mit klimaretter.info.